[urecht] Beratung der Revision des URG (Schweiz) im Erstrat abgeschlossen
Dominik P. Rubli
drubli at rublilaw.com
Die Dez 19 22:58:32 CET 2006
Am 19. Dezember 2006 hat der Ständerat als Erstrat die Revision des URG
behandelt (stenografisches Bulletin:
http://www.parlament.ch/ab/frameset/d/s/4715/236180/d_s_4715_236180_236262.h
tm).
Der Ständerat hat die Vorlage des Bundesrates zur Anpassung des URG
(Teilvorlage Genehmigung von WCT/WPPT) mit einer Änderungen einstimmig und
ohne Enthaltungen angenommen. Betreffend technische Massnahmen hat der
Ständerat dem Kommissionsvorschlag zugestimmt, die Vorbereitungshandlungen
entsprechend dem Vorentwurf von 2004 und übereinstimmend mit dem EU-Recht zu
verbieten. Der Ständerat hat es jedoch unterlassen, die entsprechende
Strafbestimmung ebenfalls anzupassen. Der Bundesrat hat versprochen, dies -
und andere Anregungen zu dieser Strafnorm - für die Behandlung der Vorlage
im Zweitrat zu überprüfen.
Gegenüber der Vorlage des Bundesrates hat der Ständerat im Übrigen
(Teilvorlage Änderungen des URG) folgende Änderungen/Ergänzungen
vorgenommen: neuer Verwertungszwang des Sende- und On-Demand-Rechts bei der
Nutzung von Archivwerken der Sendeunternehmen (Art. 22a nURG); neuer
Verwertungszwang bei der Nutzung von verwaisten Werken, die auf Ton- oder
Tonbildträgern aus Beständen von öffentlich zugänglichen Archiven und
Archiven der Sendeunternehmen gespeichert sind (Art. 22b nURG); Anpassung
der Rechteinhaberschaft und Aktivlegitimation bei mehreren ausübenden
Künstlern (Art. 34 nURG).
Damit bestehen insgesamt folgende Revisionspunkte, die am 19. Dezember 2006
vom Ständerat angenommen wurden:
Schutz technischer Massnahmen gemäss WIPO-Abkommen WCT/WPPT:
- Umgehungsverbot, das aber von den Rechteinhabern weder zivil- noch
strafrechtlich durchgesetzt werden kann, wenn die Umgehung ausschliesslich
zum Zweck einer gesetzlich erlaubten Verwendung vorgenommen wird. Damit wird
die Selbsthilfe von Schrankenbegünstigten zugelassen.
- Vorbereitungshandlungen: Verbot des Handels und des Besitzes zu
kommerziellen Zwecken von Umgehungsmitteln. Dabei bleiben Schranken
unberücksichtigt, was den Anwendungsbereich der Selbsthilfe wieder
einschränkt.
- Ermöglichung von Schrankenverwendungen: Wer selbst nicht in der Lage ist,
technische Massnahmen zu umgehen, um eine gesetzlich erlaubte Verwendung
vorzunehmen, erhält (vorerst) keinen Anspruch, dass ihm dies vom
Rechteinhaber bzw. Anwender der Massnahmen ermöglicht wird. Eine
Beobachtungsstelle wird die Auswirkungen von technischen Massnahmen auf die
Schranken beobachten und partnerschaftliche Lösungen zwischen Anwendern und
Nutzer-/Konsumentenkreisen fördern. Massnahmen sollen verfügt werden, wenn
es das öffentliche Interesse erfordert, das in den Schranken zum Ausdruck
kommt.
Weitere Änderungen gemäss WIPO-Abkommen WCT/WPPT:
- ausdrückliche Verankerung des Rechts der Urheber, Werke durch
On-Demand-Dienste zugänglich zu machen
- Einführung eines solchen Rechtes an festgelegten Darbietungen, Aufnahmen
bzw. Sendungen für ausübende Künstler, Ton- und Tonbildträgerhersteller bzw.
Sendeunternehmen
- Einführung eines Rechts der Urheber bzw. der ausübenden Künstler, durch
On-Demand-Dienste zugänglich gemachte Werke bzw. festgelegte Darbietungen
wahrnehmbar zu machen
- Ausdehnung der geschützten Darbietungen der ausübenden Künstler auf
Ausdrucksformen der Volkskunst
- Einführung des Rechtes auf Anerkennung der Interpreteneigenschaft der
ausübenden Künstler
- Einführung eines Schutzes von elektronischen Informationen für die
Wahrnehmung von Rechten
Weiter werden zugunsten der Nutzer neue Schutzschranken (bzw. gesetzliche
Lizenzen und Verwertungszwänge) vorgesehen:
- Einführung eines Verwertungszwanges für die Nutzung von Archivwerken der
Sendeunternehmen (Sende-, On-Demand- und soweit dazu notwendig
Vervielfältigungsrecht)
- Einführung eines Verwertungszwanges für die Nutzung von verwaisten Werken
(die auf Ton- und Tonbildträgern gespeichert sind, die aus Beständen
öffentlich zugänglicher Archive sowie von Archiven der Sendeunternehmen
stammen)
- Ausdehnung der Schutzschranke für Archive und Bibliotheken auf
Vervielfältigungen zur Sicherung und Erhaltung ihrer Bestände
- Einführung einer Schutzschranke für vorübergehende Vervielfältigungen
- Einführung eines Verwertungszwanges für Vervielfältigungen von Musikwerken
zu Sendezwecken
- Einführung einer Schutzschranke/gesetzlichen Lizenz für Verwendungen durch
Menschen mit Behinderungen
- Einführung einer Ausnahme von der Leerträgervergütung: Vervielfältigungen,
die beim Abruf von legalen Downloadangeboten anfallen, sind von der
Leerträgervergütung ausgenommen
Weitere Änderungen:
- Anpassung der Rechteinhaberschaft und Aktivlegitimation bei mehreren
ausübenden Künstlern
- redaktionelle Bereinigungen
Weitere Schritte im Gesetzgebungsprozess:
Als nächster Schritt wird sich die Rechtskommission des Nationalrates
(Zweitrat) mit der Vorlage befassen und anschliessend der Nationalrat (im 1.
Quartal 2007). Das revidierte URG wird frühestens in der zweiten Hälfte von
2007 in Kraft treten, vermutlich aber erst auf Anfang 2008. Eine laufend
nachgetragene Übersicht über den Revisionsstand mit Links auf die
offiziellen Dokumente betreibe ich unter www.technischemassnahmen.ch.
Mit freundlichen Grüssen
Dominik P. Rubli
Dominik P. Rubli, lic. iur. HSG
Rechtsanwalt/Attorney-At-Law
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