[urecht] Urheberrecht an Übersetzung
Klaus Graf
klaus.graf at geschichte.uni-freiburg.de
Fre Dez 17 21:39:57 CET 2010
On Fri, 17 Dec 2010 18:58:50 +0100
Thomas Biedermann <biedermann at mac.com> wrote:
> Lieber Herr Plauer, lieber Herr Gutman,
>
> ich bin mir da nicht so sicher, ob Sie da Recht haben.
> Mir ist zwar
> der Paragraf für diesen Fall:
>
> > Schon das Anfertigen der Kopien ist eine
> Urheberrechtsverletzung –––
> > >(Eingriff in das Vervielfältigungsrecht).
>
> nicht vollständig geläufig. Aber ich würde das doch ein
> wenig
> dezidierter sehen. Person A vervielfältigt ja nicht das
> Ursprungswerk
> in Form eines kopierten Buchs. Sondern die Person
> übersetzt ja das
> Buch und lagert es im Keller ein. Ich sehe da
> diesbezüglich noch
> keinen Eingriff in das Urheberrecht. Voraussetzung ist
> dann, dass
> Person A sich einfach nur still in sein
> (Keller-)Kämmerlein setzt, die
> gedruckten hundert Exemplare betrachtet und sie leise
> blätternd durch
> die Hände gleiten lässt.
>
> Sie können dies insofern vergleichen mit dem Ablauf, wenn
> ein
> Übersetzer zur Übung seiner Übersetzer-Fähigkeiten ein
> x-beliebiges
> Buch für sich übersetzt. Kann er machen. Kein Einwand.
> Nun kopiert er
> seine Übersetzung 20 Male, um sie an verschiedenen
> Stellen in seinem
> Haus/Wohnung abzulegen, um sie für sich zu sichern (als
> eine Art
> "Backup") und er immer die Möglichkeit hat, zu prüfen,
> wie er
> persönlich dieses Ursprungswerk übersetzt hat und ob ihm
> das gut
> gelungen ist. Das ist ein wenig abstrus konstruiert, aber
> denkbar. Und
> ich würde da in diesem Fall keine Urheberrechtsverletzung
> sehen.
>
> Sollte er eines der Exemplare jedoch z. B. an einen
> Verwandten oder
> Freund herausgeben, wäre dies in diesem Fall sicherlich
> eine
> Verletzung des Urheberrechts.
>
> Aber solange die Bücher nicht "öffentlich" sind und sich
> nur der
> Übersetzer daran erfreut – macht natürlich keinen Sinn,
> aber soll es
> geben –, würde ich eine Verletzung verneinen.
>
> > Das Verkaufen ist eine weitere Verletzungshandlung
> (Eingriff in das
> > Verbreitungsrecht).
>
> Da stimme ich zu, das ist eindeutig eine Verletzung.
>
Da es ein wenig dilettantisch wird, gestatte ich mir den
Schricker aus der Ablage zu nehmen.
Wir lesen zunaechst gemeinsam § 23 UrhG und stellen fest,
dass die Herstellung der Uebersetzung im stillen
Kaemmerlein keine Urheberrechtsverletzung darstellt.
§ 23 UrhG reserviert die "Verwertung" des Werks dem
Urheber. Loewenheim in Schricker, UrhR 3. Auflage 2008, §
23 Rz. 3 und § 16 Rz. 8 stellt fest, dass eine mit einer
koerperlichen Festlegung verbundene Umgestaltung immer auch
eine Vervielfaeltigung ist. Unter Verwertung ist auch die
Vervielfaeltigung des uebersetzten Werks zu verstehen.
Der Uebersetzer darf also ohne Zustimmung des Urhebers das
Werk uebersetzen und im privaten Bereich Kopien seiner
Uebersetzung weitergeben (§ 53 UrhG). Außerdem wird man ihm
nicht verwehren koennen, fuer sich selbst eine
Sicherungs-Kopie des Ur-Uebersetzungsmanuskripts
anzufertigen (da es sein eigenes Werkstueck ist, kann dies
auch auf das Archivprivileg § 53 II 1 Nr. 2 UrhG gestuetzt
werden). Mehr ist nicht drin.
Voraussetzung fuer die Weitergabe in der privaten Sphaere
sind "persoenliche Beziehungen" (§ 15 III 2), wozu man z.B.
gute Bekannte, Familienangehoerige und Freunde, aber auch
Arbeitskollegen rechnen kann. Ob auch der Hausmeister einer
Grosskanzlei mit dem Star-Anwalt durch persoenliche
Beziehungen verbunden ist, sei dahingestellt.
Je mehr Exemplare der Uebersetzer privat in Umlauf bringt,
um so hoeher ist die Wahrscheinlichkeit, dass ihn der
Rechteinhaber des Ursprungswerk aussergerichtlich oder
gerichtlich zur Rechenschaft zieht, indem er den privaten
Charakter der Weitergabe bestreitet.
Klaus Graf